Entstanden und inspiriert ist diese Story durch meine Bewunderung dieses Jahrzehnts- die 60er Jahre
Datum: 28.05.1967
„Saturday Night at the Movies, who cares what picture you see…“. Langsam öffnete ich meine Augen. Mein Blick fiel auf das geöffnete Fenster, durch das die ersten Strahlen der Maisonne auf mein Gesicht fielen. Die Klänge aus meinem Plattenspieler rissen mich aus dem Schlaf. Ich hatte das Vinyl wohl die ganze Nacht über angehabt. Als ich letzte Nacht von der Party heimkam, wirbelte ich freudig zu dem Gesang des Liedes in meinem Zimmer herum, erinnerte ich mich. Nur dass es jetzt nicht mehr Saturday night war, sondern Sunday morning. Ich hatte noch versucht, meine neuen schwarz-weißen Lackschuhe, die nach vorne spitz verliefen, auszuziehen. Eigentlich war es gar kein echtes Leder. Aktuell stellte der Markt synthetische Schuhe her. Somit war er eine super Alternative für junge Studenten wie mich, da sie nicht sehr teuer waren. Nachdem ich es also noch geschafft hatte, die Schuhe auszuziehen, war ich ein wenig angetrunken und schlief ein.
Nun wachte ich auf und lag in einer eher unbequemen Position auf meinem Polsterbett, die für einen unangenehmen Schlaf gesorgt hatte. Ich strich mir meine langen Haare aus dem Gesicht und rieb mir aufgewühlt die Augen. Mein Gott, ich hatte in meinen Klamotten geschlafen, stellte ich mit einem erstaunten Blick auf meinem Körper fest. Ich bemerkte, wie sich meine Gesichtszüge zu einem leichten Grinsen verzogen. Immer noch besser als in dem peinlichen Strickpyjama zu schlafen, den meine Oma mir geschenkt hatte, dachte ich mir. Ich trug ein tiefblaues leichtes Hemd mit hohem Kragen und engem Schnitt. Es war mein Lieblingshemd, das mir meine Mutter vor einem Jahr aus Italien mitgebracht hatte. Vom Tragen war es bereits faltig. Die elegante weiße Fliege lag auf dem Boden, wie ich bemerkte. Nicht nur das- ein Schmierfleck von der Afri-Cola, die ich zu keinem Partyabend ausließ.
Genauso langsam, wie ich meine Augen öffnete, sprudelten die bunten Bilder von letzter Nacht in meinem Kopf: Kaum war ich zur Party angekommen, da drückte man mir schon einen Willkommens-Martini in die Hand, wovon es drei volle Flaschen gab. Von dem trank ich wohl einige Becher. Es waren große gelbe Becher, die mit der Aufschrift Peace and Love beschriftet waren. Alexander Schmidt, uns verband eine jahrelange Freundschaft, feierte in einem großen Vorgarten seinen 23. Geburtstag. Er musste sich keine Gedanken wegen der Party machen, denn seine Eltern Olivia und Andreas waren 1 Woche lang an der Ostsee.
Es waren um die 20 Leute anwesend, inklusive mir. Natürlich wussten seine Eltern von nichts und er würde Stunden gebraucht haben, den Garten in dem Zustand wiederherzustellen, wie er vor der Party war. Wenn er sich keine Standpauke von ihnen anhören wollen würde. Alle feierten ausgelassen, die Stimmung war einfach ansteckend. Wir stießen auf Alexander an und hatten ihm einen viel zu großen Strohhut aufgesetzt. Wir tanzten den Twist, dessen Klänge aus dem Plattenspieler aus der Gartenlaube ertönten, die genügend Platz zum Tanzen bot. „Come on let´s twist again, like we did last summer“….
Da das Lied jetzt wohl über 50-mal auf Repeat ging, legte ich den Puck ab und die Melodie verstummte. Mein Kopf brummte, aber es tat gut aufzustehen. Ich ging zum Fenster und atmete tief durch. Herrlich dieses Wetter, genauso wie die Reihe großer Birken, dessen Äste im frühsommerlichen Wind umherwehten. Ich liebte den Sommer, das war einfach die schönste Zeit.
In der Küche schmierte ich mir erstmal ein paar Butterbrote. Der Geschmack von dem Martini schmeckte ich immer noch heraus. Ich ging wieder zurück ins Zimmer und setzte mich auf den Cocktailsessel, der so stand, dass ich auf das große Poster von Marilyn Monroe links von der Tür blicken konnte. Ein Gedanke an letzter Nacht brachte mich zum Lachen. Eine Freundin, ihr Name war Linda gewesen, die erst vor ein paar Monaten nach Hannover gezogen war, war gestern auch dabei gewesen.
Jeder der sie kannte, wusste, dass sie, egal ob in der Uni oder auf einer Party, großen Wert auf ihre Kleidung und ihre Frisur gelegt hatte. Vielmehr als ihre Freundinnen. Sie trug einen schwarzen mit Petticoat mit roten Details. Ihre roten Pumps, die sie zu fast immer trug, blitzten beim Tanzen hervor. Als ich schon alle begrüßt hatte, die meisten befanden sich draußen im Garten, ging ich in die Gartenlaube um mir ein paar Snacks zu holen. Mit einem lauten „Guten Abend“ begrüßte ich sie. Leider hatte ich nicht mitbekommen, dass sie in dem Moment an ihrer Bienenkorbfrisur herumwerkelte, und dabei völlig in Gedanken war. Sie schrie vor Schreck auf und versprühte sich mit ihrem Haarspray. „Manuel, musst du mich so erschrecken?“, fragte sie mich genervt. Als ob ihre Frisur nicht schon genug von diesem Spray hat, hatte ich mir nur gedacht. Denn ihre Haare waren nahezu perfekt toupiert.
Wieder in der Gegenwart angekommen fragte ich mich, ob Alexander zu Hause war. Wir teilten uns eine Wohnung zusammen. Letzte Nacht war ich alleine zurück gegangen, da ich mir die Füße zu fast jedem Lied wund getanzt hatte und müde geworden war. Neugierig ging ich in Richtung seines Zimmers, das offen stand. Niemand war zu sehen.
Ich wusch mich und zog mir frische Klamotten an. Schmunzelnd dachte ich mir, dass er wohl die restliche Nacht im Garten verbracht hatte. Als erstes würde ich mich auf der Wiese hinlegen und die Sonne genossen haben. Schließlich hatte ich morgen wieder Uni. Ich schnappte mir eines meiner vielen Comics aus der Schublade. Ich ging zur Tür raus auf dem Hof und nahm mein altes Herrenrad und radelte los.
Die Pflastersteinstraße entlang zum Park. „Saturday Night at the Movies, who cares what picture you see…“, spielte sich in meinen Ohren rauf und runter. An einem schönen Plätzchen nahe eines großen Ackers machte ich es mir bequem und ließ mir die Sonne aufs Gesicht scheinen.
Und dann riss ich meine Augen auf. Das kann doch nicht wahr sein, bitte lass es nicht wahr sein, redete ich mir mit entsetzter Stimme zu. Gestern Morgen hatte ich die Tante von Alexander auf dem Marktplatz getroffen. Sie hatte mir gesagt, sie wollte ihn überraschen und er sollte Sonntagvormittag bei dem Haus seiner Eltern vorbeikommen. Natürlich hatte auch sie von der Party nichts gewusst. Und ich hatte es vermasselt, ihn Bescheid zu sagen. Voller Eile richtete ich mich auf, griff nach meinem Fahrrad und sprintete los in Richtung Garten. In der Hoffnung, dass es noch nicht zu spät war.
Ich wache auf. Der Traum war zu Ende. Ich greife links neben mir nach meinem Handy und checke das Datum. Der 28.05. 2018.
Die Bilder von damals dürften zwar schwarz-weiß oder vergilbt gewesen sein, das Bunte aber hatte sich im Leben selbst abgespielt. – Manuu Flääsh
„Dream, dream, dream, dream. All I have to do is dream“
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